Der Haller Hof ist das älteste Denkmal von
Jurczyce. Er wurde zur Jahrhundertwende des 17. und 18. Jhs erbaut und in den
Folgejahren zwei Mal vergrößert. Anfangs war es eine stillose Holzkonstruktion.
Das niedrige Erdgeschoss mit dem bewohnbaren Dachgeschoss war charakteristisch
für den Herrenhof. Nach dem 2. Weltkrieg kam das Objekt in den Besitz der
Jagiellonen-Universität und verfiel ohne Renovierungsmaßnahmen. 1997 erwarb es
der private Käufer Marian Krawczyk. Heute steht es, wiederaufgebaut und
gemauert, unter Einhaltung der architektonischen Form da. Neben dem Hof
befindet sich ein 5 ha großer Landschaftspark, der zeitgleich mit dem Entstehen
des Hofes angelegt wurde.
Eine Besichtigung ist nach vorheriger telefonischer Absprache möglich.
Telefonnummer: 12 275 10 45
Quelle: www.jurczyce.pl
Das Familiengeschlecht Haller aus Jurczyce
Das berühmteste Mitglied der Haller Familie ist General Józef Haller, Mitbegründer der polnischen Pfadfinder,
Kommandeur der II. Brigade der Legionen, Oberkommandeur der Blauen Armee. Der
General verbrachte seine Kindheit in Jurczyce, wohin er nach dem Verlassen des
Heimatdorfes immer wieder gerne zurückkehrte. Jurczyce verdankt auch dem Bruder
des Generals, Cezary, eine Menge (er war ein Abgeordneter), da dank seiner
Bemühungen die Straße nach Radziszów gebaut
wurde. Des Weiteren gründete er zusammen mit der Mutter die Genossenschaft
„Rola“ in Skawina. In der Erinnerung der Einwohner blieben vor allem die GutsherrinenOlga sowie ihre Töchter Anna und Ewa. Sie stifteten
1908 das Schulgebäude in Jurczyce und arbeiteten auch für die Kirchengemeinde.
Am Herrenhof stand eine kleine Kapelle für die Bewohner des Hofes. Im Mai und
Juni kamen zu den Gottesdiensten Kinder aus dem gesamten Dorf, da sie immer
wussten, dass sie einen Leckerlie bekommen würden. Eigens für sie wurde ein
spezieller Pfefferkuchen hergestellt. GutsherrinAnna
war sehr sensibilisiert für die menschliche Armut und versuchte, soweit es
möglich war, die Bedürftigsten zu unterstützen. Im Herrenhof in Jurczyce nahm
sie oft Landsleute auf, die von den Deutschen verfolgt wurden. Sie
veranstaltete auch Ferienreisen für die wissenschaftlichen und administrativen
Mitarbeiter der Jagiellonen-Universität (Uniwersytet Jagielloński). Nach dem Tod von Ewa 1930 und
der Mutter Olga 1940 verblieben auf dem Landgut Anna sowie ihr Bruder Karol,
genannt Major, und dessen Sohn Kazik. Letzterer bezahlte den höchsten Preis für
seinen Familiennamen. Er wurde in Krakau verhaftet und starb 1942 in Auschwitz.
Nach dem Krieg wurde die Familie Haller enteignet, so dass sie den Hof
verlassen mussten und in Krakau sesshaft wurden. Das feierliche Begräbnis von
Anna Haller in der Pfarrgemeinde von Radziszów 1969 war eine Wertschätzung für
ihr Lebenswerk sowie ihre Aktivität. Ein langer Trauerzug begleitete sie an
ihren letzten Ruheplatz und an dessen Spitze ging der damalige Erzbischof von
Krakau Karol Wojtyła – der spätere Papst Johannes Paul II. Es war die letzte
Beisetzung im Familiengrab der Haller Familie in Jurczyce. Karol, der letzte
Eigentümer des Dorfes, liegt in Krakau begraben.